Verbindungen für die Zukunft – in neuen Dimensionen
Binnenwasserstraßen sind für die Wirtschaft unverzichtbar. Ob Erz für die Metallindustrie, Kraftstoff für Fahrzeuge oder Unterhaltungselektronik aus Fernost befördert wird - jeder Wirtschaftszweig nutzt Wasserstraßen und ist auf gut ausgebaute Verkehrswege angewiesen. Mit dem immer weiterwachsenden Güterverkehr geraten die Infrastrukturen mehr und mehr an ihre Grenzen. Um die Kapazitäten der Wasserstraßen zu erweitern und sie als umweltschonende und günstige Transportwege fit für die Zukunft zu machen, werden Projekte in ganz neuen Dimensionen umgesetzt. Projekte wie die Schiffshebewerke im deutschen Niederfinow und am Drei-Schluchten-Staudamm in China. KREBS+KIEFER hat bei der Realisierung beider Großprojekte eine maßgebliche Rolle übernommen.
Transeuropäische Ost-West-Verbindung
Nordöstlich von Berlin befindet sich das Schiffshebewerk und Industriedenkmal Niederfinow. Es wurde 1934 in Betrieb genommen und liegt am östlichen Ende des Oder-Havel-Kanals. Damit schafft es die Verbindung zwischen Stettin als größten Hafen im Ostseeraum mit Berlin. Mit dem steigenden Güteraufkommen und den immer größer werdenden Schiffen war es längst an seine Grenzen gekommen. Daher entstand direkt daneben das neue Schiffshebewerk Niederfinow Nord. Ziel war es, den Engpass auf der einzigen transeuropäischen Ost-West-Wasserstraßenverbindung zu beseitigen und die Verbindung konkurrenzfähig für den Containertransport zu machen.
Für das alte Hebewerk, die Vorhäfen und die Außenanlagen führte KREBS+KIEFER die Aufstellung der Bauwerksstruktur sowie die Bauwerksinspektion durch. Sämtliche Bestandspläne wurden digitalisiert und Messprogramme ausgewertet. Weiterhin übernahm KREBS+KIEFER die statischen Prüfungen und Nachrechnungen für die Kanalbrücke und den Trog. Für das neue Hebewerk stellt KREBS+KIEFER die Bautechnische Prüfung des Massivbaus, des Stahl- und Stahlwasserbaus, des Maschinenbaus sowie des Erdbaus sicher.
Drei Bauwerke in einem.
Konkret bedeutete das für die Planung, dass die Konstruktion in der Lage sein musste, zweilagige Containerschiffe, ungetrennten Schubverbände und Großmotorschiffe aufzunehmen und zu befördern. In der Folge entstanden direkt neben dem alten Hebewerk drei unterschiedliche Bauwerke. Das eigentliche Senkrechthebewerk, in dem der 9.800 t wiegende Trog nach dem Prinzip des Gegengewichts über Seilscheiben bewegt wird und den Höhenunterschied von 36 Metern überwindet. Eine 66 Meter lange Kanalbrücke, über die die Schiffe vom Oberwasser aus in den Trog fahren und zwei neue Kanalstücke als Zu- und Ausfahrten mit Vorhafenfunktion.
Komplexe Hybridkonstruktion
Besondere Lösungskonzepte erforderte in der Planung die komplexe Hybridkonstruktion aus Stahl- und Massivbau mit anspruchsvollen Gestaltungselementen. So sollte bei der Einfahrt in das Hebewerk ein freier Blick gewährleistet bleiben. Die Konstruktion musste also ohne Querspangen auskommen. Eine besondere Herausforderung war dabei, die dadurch entstehende Verformung des Maschinenrahmens bei der Gewichtsbelastung im Normalbetrieb so vorauszuberechnen, dass künftig ein sicherer Verkehr möglich ist. Mit aufwendigen Führungseinrichtungen, die die Lage des Trogs zwischen den Pylonen fortwährend berichtigen, wurde dies gewährleistet.
Die Anforderungen an die Baugenauigkeit gingen bei diesem Projekt weit über das übliche Maß hinaus und lagen im Bereich von nur wenigen Millimetern. Durch umfangeiche FE (Finite-Element-Methode) basierte Simulationen gelang es uns, diese Genauigkeit zu erreichen – insbesondere im Hinblick auf die Wechselwirkung zwischen Bauwerk und Boden, sowie der Verformung bei unterschiedlichen Bau- und Betriebszuständen.
Seit der Grundsteinlegung im Jahr 2009 wurden in Niederfinow über 800.000 m3 Erde bewegt sowie 70.000 m3 Beton, 4.500 t Bewehrungsstahl und 32.000 m2 Spundwandstahl verbaut. Mit bautechnischen Prüfungen hat KREBS+KIEFER gute Grundlagen geschaffen, um das Projekt zu realisieren und damit die Oder-Havel-Wasserstraße wieder konkurrenzfähig zu machen. Das stärkt den Wirtschaftsstandort Deutschland und das alte Schiffshebewerk wird spätestens 2025 endgültig nur ein Industriedenkmal sein.
Nahezu zur gleichen Zeit entstand unter Beteiligung von KREBS+KIEFER das größte Schiffshebewerk der Welt.
Die Lebensader Chinas
Der Jangtse ist mit einer Länge von 6.380 Kilometern Asiens größter Fluss. Auf 2.800 Kilometern schiffbar, ist er die meist befahrenste Wasserstraße der Welt und seit Jahrhunderten die wirtschaftliche und kulturelle Lebensader Chinas. Schon Anfang des letzten Jahrhunderts gab es erste Planungen für einen Staudamm. Dieser sollte Millionenmetropolen vor Hochwasser schützen, den Fluss leichter schiffbar machen und der Energieerzeugung dienen. 1992 dann wurde mit den umfangreichsten Wasserbaumaßnahmen der Geschichte begonnen.
Nie dagewesene Dimensionen
Der Drei-Schluchten-Staudamm ist ein Bauwerk der Superlative: Die 2,3 Kilometer lange und 185 Meter hohe Schwerlaststaumauer reguliert ein hydraulisches Einzugsgebiet von über einer Millionen km2 und staut den Jangtse bis zu einer Länge von 660 km auf. In zwei Kraftwerken erzeugen 27 Wasserturbinen jährlich die gewaltige Energiemenge von 85 tW. Eine fünfstufige Schleuse sorgt dafür, dass Schiffe die Mauer queren und den Höhenunterschied von 113 Metern überwinden können.
Das größte Schiffshebewerk der Welt
1999 war KREBS+KIEFER unter der Federführung der Bundesanstalt für Wasserbau an einer Machbarkeitsstudie für den Bau eines Schiffhebewerkes für die Passierschifffahrt maßgeblich beteiligt. Im Jahr 2004 übernahm KREBS+KIEFER die Entwurfs- und Ausschreibungsplanung für den Massivbau und den Stahlwasserbau des kompletten Schiffshebewerkes.
In gleich mehreren Punkten unterschied sich das Projekt von allen bisher gebauten Schiffshebewerken: Mit einer Hubhöhe von 113 Meter war es mehr als dreimal so hoch wie deutsche Hebewerke. Die Trogabmessungen ergaben eine enorme, durch Gegengewichte zu bewegende, Masse von 34.000 t. Darüber hinaus mussten in den Ein- und Ausfahrbereichen Wasserspiegelschwankungen von bis zu 30 Metern im Ober- und 12 Meter im Unterwasser berücksichtigt werden. Einen wesentlichen Einfluss auf die Bemessung des Bauwerkes hatte zudem die Tatsache, dass Erdbeben erhebliche Wasserbewegungen auslösen können, die als zusätzliche Lasten wirken würden.
Das größte Schiffshebewerk der Welt wurde ausschließlich durch chinesische Unternehmen gebaut und ging im Jahr 2016 erfolgreich in Betrieb. Die Fahrzeit für Passagierschiffe verkürzt sich damit von knapp 4 Stunden auf 40 Minuten.
Höchstleistung für die Zukunft
Es sind Projekte wie die Schiffshebewerke in Niederfinow und am Drei-Schluchten-Damm, die unsere Ingenieure immer wieder zu Höchstleistungen anspornen, um Zukunft erfolgreich zu gestalten. Unsere Erfahrung und der Mut, neue Wege zu gehen, sind Teil der DNA von KREBS+KIEFER und seit 70 Jahren der Motor, mit dem wir scheinbar unmögliche Projekte realisieren und damit neue Standards setzen. Wir schaffen die Basis dafür, Menschen und Güter zu verbinden und zueinander zu bringen. Zwischen Stettin und Berlin, zwischen Chongqing und Nanjing und überall dort, wo Verbindungen gebraucht werden.